10 Gebote für Sachverständige

Sachverständige und Gutachter sind eine Notwendigkeit für unsere Gesellschaft und ihre Institutionen. Weder die Rechtsprechung noch die Wirtschaft, weder die Allgemeinheit noch die Politik können ohne Sachverständige und Gutachter in einer komplexen Welt funktionieren. Aus diesem Grund gilt es, hohe Ansprüche an Sachverständige zu stellen, damit diese Experten in der Öffentlichkeit nachhaltig an Anerkennung gewinnen. Die 10 Gebote sollen Leitlinien dafür sein.


1. Du sollst erkennen, dass Glaubwürdigkeit Grundlage jeder Sachverständigentätigkeit ist und deshalb Deinen guten Ruf pflegen!

Gutachten sind letztlich "fachliche Meinungsäußerungen" zu einem bestimmten Sachverhalt; als "Meinungsäußerung" sind sie für niemanden verbindlich, geschweige denn rechtsverbindlich. Gleichwohl muss jeder Gutachter ein vitales, existenzielles Interesse daran haben, dass sein Gutachten als Entscheidungsgrundlage herangezogen wird. Dies wird allerdings nur dann geschehen, wenn derjenige, dem das Gutachten als Entscheidungsgrundlage dienen soll, diesem auch vertraut und es in der Folge akzeptiert. Schließlich ist der Entscheidungsträger in der Regel ein Laie. Deshalb wird die öffentliche Bestellung nach § 36 GewO nicht nur von der besonderen Sachkunde abhängig gemacht, sondern mit gleichem Gewicht von der persönlichen Eignung. Um einen guten Ruf aufzubauen muss ein Sachverständiger sich in einem seriösen Ambiente bewegen und bei allen Drucksachen sowie Internetauftritten auf Seriosität achten. Das Gutachten ist das Produkt des Sachverständigen, mit dem er am Markt im Wettbewerb präsent ist. Wenn der Sachverständige die Grundsätze seines Eides einhält, nicht wankt und den geraden Weg geht, dann schafft er sich nachhaltig einen guten Ruf - wie Donnerhall!

2. Du sollst es den Lesern Deiner Gutachten leicht machen, Dir zu glauben!

Laienhaften Lesern, das ist in der Regel die Zielgruppe der Sachverständigen, fällt es leichter zu glauben, je ernster sie vom Fachmann genommen werden. Wenn sich der Eindruck einstellt, der Sachverhalt ist sorgfältig ermittelt, das Ergebnis wird Gedankenschritt für Gedankenschritt in logischer Folge entwickelt und mit verständlichen, plausiblen Erwägungen und Angaben begründet, dann gewinnt der Leser an Sicherheit und Vertrauen. Dies ist das Kernstück der Kunst des Gutachters!

3. Du sollst Dich verständlich, präzise und in gutem Deutsch ausdrücken!

Der Sachverständige muss Dolmetscher aus der Fachsphäre in die Laiensphäre sein. Das Bemühen um Verständlichkeit ist eine Bringschuld des Gutachters und im Einzelfall möglicherweise schwierig, zu realisieren. Das Formulieren von Texten ist eine kreative Tätigkeit, die letztlich auch nicht formalisiert werden kann. Textbausteine können zwar die Arbeit etwas erleichtern, sind aber gefährlich, wenn nicht im Einzelfall genau geprüft wird, ob sie wirklich auf den konkreten Fall passen. Gedankenklarheit steht an erster Stelle eines Textes. Anschließend muss der Gutachter Worte und Formulierungen finden, die seine Gedanken präzise beinhalten und diese in logische Abfolge bringen. Jetzt muss der Verfasser prüfen, ob der Adressat den Inhalt so verstehen wird wie ihn der Verfasser gemeint hat.

4. Du sollst nicht geschwätzig und vorlaut sein!

Es geht um die Schweigepflicht und den Schutz des Sachverständigen. Grundsätzlich ist der Sachverständige zum Schweigen verpflichtet (§ 15 SVO). Es gibt aber Voraussetzungen, unter denen trotz Schweigepflicht eine Aussage gemacht werden muss z.B. vor Gericht. Dabei spielt der Begriff "unbefugt" eine entscheidende Rolle. Wer unbefugt die Schweigepflicht verletzt, macht sich strafbar. Wer nach einer Verfahrensvorschrift zur Aussage verpflichtet ist, weil ihm ein Aussageverweigerungsrecht nicht zur Seite steht, handelt nicht unbefugt, sondern ist im Rahmen des geltenden Rechts eben sogar zur Aussage verpflichtet, notfalls sogar bis zur Verhängung von Beugehaft; er handelt also "befugt"! Unter dem Aspekt der §§ 53 StPO, 384 ZPO und 102 (A0) haben viele Berufe ein Zeugnisverweigerungsrecht, nicht aber Sachverständige und auch nicht öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige.

5. Du sollst offen und ehrlich sein mit Deinen Auftraggebern!

Der private Auftraggeber kommt auf den Sachverständigen zu, möchte eine Leistung und verfolgt mit dem Auftrag ein bestimmtes Ziel. Es ist nun die primäre Aufgabe des Sachverständigen, dieses Ziel offen und ehrlich mit dem Auftraggeber zu erörtern: Im Vorfeld eines Vertragsabschlusses muss geklärt werden, was vom Sachverständigen erwartet wird; denn wenn die Erwartung des Auftraggebers sich nicht mit den Grundsätzen des Sachverständigeneides in Einklang bringen lässt, muss der Sachverständige die Vertragsverhandlung abbrechen.

6. Du sollst Dein Wissen auf dem neuesten Stand halten und Dich fortbilden!
(Meine Fortbildungen)

Die "besondere" Sachkunde zeichnet den öffentlich bestellten Sachverständigen aus! Eine Person ohne Sachkunde oder mit veraltetem Wissen erfüllt die Voraussetzungen der Definition "Sachverständiger" nicht oder nicht mehr. Es ist auch gefährlich, fachlich nicht mehr auf der Höhe der Zeit zu sein. Daraus können veritable Haftungsfälle entstehen.

7. Du sollst sorgfältig bei Deinen Erhebungen sein!

Der Sachverhalt ist die Grundlage der fachlichen Beurteilung. Er ist sogar wichtiger als die fachliche Beurteilung selbst. Die fachliche Beurteilung kann man überprüfen und notfalls korrigieren. Ist aber der dem Gutachten zu Grunde liegende Sachverhalt falsch oder fehlerhaft ermittelt, wird die fachliche Beurteilung notgedrungen ins Leere gehen müssen.

8. Du sollst den Kontakt zu Deiner Kammer pflegen!

Täglich kommen an die IHK Anfragen und Benennungswünsche nach geeigneten Sachverständen oder es sollen Schiedsgutachter bestimmt werden. Die Kammermitarbeiter müssen wissen, was ihre Sachverständigen leisten können, wo ihre Stärken liegen, wenn sie solche Anfragen zufriedenstellend bearbeiten wollen. Dazu müssen sie informiert sein - von "ihren" Sachverständigen. Peinlich ist, wenn Gerichte rückfragen, warum die Post dem Sachverständigen nicht zugestellt werden kann oder niemand das Telefon abnimmt, nur weil Adressänderungen nicht mitgeteilt wurden.

9. Du sollst Grenzen erkennenund akzeptieren!

Diese Forderung stellt hohe Anforderungen an die Charakterstärke des Sachverständigen; denn diese Forderung beinhaltet nicht mehr und nicht weniger als anzuerkennen und einzusehen, dass jedes Wissen Grenzen hat. Besonders betroffen von dieser Forderung sind Sachverständige, die relativ weit gespannte Sachgebiete als Bestellungsgebiet haben wie zum Beispiel "Schäden an Gebäuden" oder "Kraftfahrzeuge" oder "Chemie" oder auch relativ begrenzte Sachgebiete. In dem einen Fall fällt es dem Sachverständigen vielleicht schwer, den Spezialisten hinzuzuziehen, im anderen besteht die Gefahr, die Tätigkeit auf Nachbargebiete auszuweiten.

10. Du sollst Dich jeden Tag neu bemühen, dem Ideal eines öffentlich bestellten Sachverständigen ein bisschen näher zu kommen!

Der Sachverständigen-Eid zeigt in kompakter Form, was von Sachverständigen nicht nur von den Gerichten, sondern auch von der Öffentlichkeit ganz allgemein erwartet wird. Es ist ein hoher, ein sehr hoher Anspruch! Er soll sein Gutachten immer unparteiisch machen! Der Sachverständige muss sich das beste Wissen verschaffen. Er hat es aber erst dann, wenn er vor seinem Gewissen ehrlich sagen kann: Mehr war nicht möglich! Ich habe alles getan, um den Wissenstand zu erreichen und aufrecht zu erhalten, der für dieses Gutachten erforderlich war.


Quelle:
IHK Rheinhessen 06/2012, Titel 12-14, Prof. Wolfgang Roessner, Rechtsanwalt
Mit freundlicher Genehmigung: IHK Rheinhessen 06/2012, Titel 12, Gabi Rückert

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